Paris regiert sich selbst – Stadt selbst machen

Die erste Stadt der Welt stand nicht nur vor dem Unbekannten, sondern gehörte auch
unbekannten Leuten.

Arthur Arnould (1833-1895), Journalist, Rat der Kommune, zur Deportation verurteilt, Exil in der Schweiz

Sitzung des Rates der Kommune im Stadthaus von Paris [1]

Nach der Machtübernahme der Kommune floh die bürgerliche Regierung und ein Großteil des Bürgertums nach Versailles. Den Beamten in der Verwaltung drohte die Regierung mit Entlassung, sollten sie in Paris bleiben. So verließen ¾ des Verwaltungsapparates, rund 75.000 Beamte, ebenfalls die Stadt. Dabei nahmen sie Stempel und Dienstsiegel, Akten und Amtskassen mit. Die Großstadt Paris mit ihren verbliebenen 1,6 Millionen Menschen war gelähmt.

Die Kommune musste so schnell wie möglich lebenswichtige öffentliche Dienstleistungen wie Gesundheit, Ernährung, Bildung, Sicherheit, Feuerwehr usw. gewährleisten. Hierzu richtete sie neun Kommissionen ein, die die neuen Leiter der Verwaltung ernannten. Das Ideal, die Wahl der Leiter durch die Arbeiter*innen, konnte sie aufgrund des Zeitdrucks nicht erfüllen. Aber es gab viele soziale Verbesserungen. Das Höchstgehalt für Beamte wurde auf 6000 Franc im Jahr festgesetzt. Das entsprach einem Facharbeitergehalt und war weniger als ein Zehntel des Gehalts der geflohenen Verwaltungschefs. Ein Mindestlohn und Ansätze von Selbstverwaltung wie Arbeiterräte wurden eingeführt. Die Bezüge von Männern und Frauen wurden angeglichen, Privilegien und Ämterhäufung abgeschafft.

Verteilung von Lebensmitteln. Diese zu beschaffen und die Preise niedrig zu halten war die wichtigste Aufgabe der Versorgungskommission unter dem Delegierten August Viard. [2]

Der Buchbinder Varlin wurde zuständig für die Finanzen, dem Graveur Theiz oblag das Postwesen und der Bronzearbeiter Camélinat rückte an die Spitze der Münzprägeanstalt. Theiz brachte den Postbetrieb innerhalb von 48 Stunden wieder in Gang und die Münze konnte sogar ihre Arbeitsmethoden verbessern.

Eine Bildungsreform sollte eine berufliche, säkulare und freie Bildung, einschließlich Kunst und Kultur, für Mädchen und Jungen ermöglichen. Inklusive Schulkantine und Verteilung von Schuhen und warmer Kleidung. Camille Treilhard begann den Gesundheitsdienst zu reorganisieren – weg von kirchlicher Wohltätigkeit hin zu sozialstaatlichem Anrecht. Er konnte seine Arbeit nicht vollenden. Am 24. Mai wurde er von Regierungstruppen verhaftet und ermordet. Die wenigen Wochen der Kommune zeigten: Arbeiter*innen und Beamtenproletariat konnten das öffentliche Leben selbst am Laufen halten.

Kommissionen („Ministerien“) der Kommune

Die Nationalgarde beschlagnahmte die Staatsdruckerei. Dort wurden die wichtigsten Kommunikationsmittel, die Plakate, hergestellt. 900 Arbeiter druckten während der Kommune 399 unterschiedliche Plakatmotive. 5 bis 6 verschiedene pro Tag, jeweils mit einer Auflage von mehreren tausend. 50 Plakatkleber waren ständig im Einsatz. Plakat zu den Wahlen am 26. März, Auszug: „Vergesst nicht, dass diejenigen Menschen Euch am besten dienen werden, die Ihr aus eurer eigenen Mitte wählen werdet, die das gleiche Leben wie ihr führen und die gleichen Leiden ertragen, wie ihr.“ [3]

Laurent: Soll ich dir was verraten? Ich vermisse es zu lernen. Aber ich habe gehört, es gibt Pläne, Berufsschulen zu gründen. Stell dir vor, eigene Schulen in unserer Kommune. Mit warmen Essen, warmer Kleidung und allem! Für Mädchen und Jungen! Endlich gemeinsames Lernen, ohne Angst vor Strafen oder dem Martinet, dieser fürchterlichen Klopfpeitsche.
Marie: Laurent! Ich weiß was: Louise Michel ist Lehrerin. Vielleicht wird sie ja wieder Lehrerin an einer dieser Schulen sein, wenn wir gesiegt haben.
Laurent: Echt? Eine Lehrerin in Gardistenuniform? Toll!