Der 18. März 1871 in Paris

Die Proletarier von Paris…haben begriffen…sich zu Herren ihrer eigenen Geschicke zu machen und die Regierungsgewalt zu ergreifen.

Manifest des Zentralkomitees der Nationalgarde, 18. März 1871

The Paris Commune – A Story in Pictures by William Siegel, New York, 1932, John Reed Club, S. 14/15. Es wurde der Versuch unternommen, die Kanonen zu erobern. Der Alarm wurde ausgelöst: Die ganze Stadt der Arbeiter, Frauen wie Männer, stellte sich zu ihrer Verteidigung. Und die Regierungstruppen verbrüderten sich eher mit den Verteidigern als sie anzugreifen. [1]

Vor dem deutsch-französischen Krieg führte die Pariser Polizei Massenverhaftungen unter den einer kriegsfeindlichen Stimmung „verdächtigen“ Einwohner*innen durch. [2]

Die Herrschaft Napoleons III endete am 2. September 1870 mit der militärischen Niederlage der bonapartistischen Armee und der Gefangennahme des Kaisers im Krieg gegen den Rivalen Preußen. In Paris erfolgte am 4. September 1870 die Ausrufung der dritten Republik und Bildung einer Regierung der nationalen Verteidigung mit dem Bourgeois Adolphe Thiers an der Spitze.

Zur Verteidigung Paris‘ wurde die Nationalgarde um Hunderttausende Arbeiter aufgestockt. Bisher aus dem Bürgertum gebildet, wurde sie zu einer bewaffneten Arbeitermacht.

Zeitgenössische Karikaturen Links: Amédée de Noé (1819 – 1879), Künstlername Cham, französischer Karikaturist: Die hungernden Pariser*innen machen Jagd auf Ratten, das letzte „Wild“ im belagerten Paris. Rechts: Georges Pilotelle (1845 – 1918), Karikaturist und Sonderkommissar der Kommune: Adolphe Thiers gibt General Vinoy am 18. März den Befehl, die Geschütze der Nationalgarde auf dem Montmartre in Besitz zu nehmen. [3]

Im Winter 1870/71 belagerten und beschossen die Deutschen Paris. Am 28. Januar kapitulierte das von den Preußen belagerte und ausgehungerte Paris, ohne dass die Nationalgarde bereit war, die eigenen Waffen abzugeben.

Eine auf Geheiß Preußens am 8. Februar 1871 in Bordeaux gewählte, mehrheitlich monarchistische Nationalversammlung verabschiedete mit den Preußen ausgehandelte Friedensbedingungen: Das kohlereiche Elsaß-Lothringen und 5 Milliarden Goldfrancs Kriegsentschädigung an Preußen. Die Nationalversammlung stellte auch die Soldzahlung an die Nationalgardisten ein und machte sie so einkommenslos. Ebenso beendete sie die Mietstundung und den Zahlungsaufschub für Kredite. Das erste betraf 200.000 Familien, das zweite 150.000 Schuldner*innen.

Da die deutschen und französischen Herrscher derselben Klasse angehörten und mehr Furcht und Abneigung vor den Paris verteidigenden Arbeiter*innen als voreinander hatten, war die „Befriedung“ des revolutionären Paris die Voraussetzung der Unterzeichnung des endgültigen Friedensvertrags am 10. Mai 1871 in Frankfurt.

Place Pigalle, 18. März: Nationalgardisten töten einen Kapitän, der versucht hatte, die Kürassiere zum Angriff auf die Menge zu führen. [4]

Thiers schickte deshalb am 18. März seinen Pariser Oberbefehlshaber Vinoy zur Entwaffnung der Nationalgarde zum Hauptquartier nach Montmartre. Aufgrund der Verbrüderung zwischen Armeeteilen und dem Volk wurde der Raub der Geschütze abgewendet, die Regierung unter Thiers floh nach Versailles. Das Zentralkomitee der Nationalgarde übernahm die Macht.

Marie: Laurent, wie bist du zur Nationalgarde gekommen?
Laurent: Es gab keine Arbeit. Da hab ich mich am Place du Carrousel gemeldet, dort wurden Jungs für die Nationalgarde rekrutiert. Das war im September 1870. Ich dachte, es ist besser, eine Uniform zu tragen als gar keine Kleidung.
Und es gab Gehalt! 30 Cent pro Tag. Das ist besser als zu schmuggeln. Wir wurden für Botendienste oder zum Barrikadenbau eingeteilt. Dort habe ich auch Matthis und deinen Papa kennengelernt. Das war das Beste, was mir passieren konnte.