Blutige Woche, Verfolgung, Exil, Amnestie

Glücklicher als ich, werden Sie bessere Tage leuchten sehen, und Ideen, für die ich alles geopfert habe, werden triumphieren.

Théophile Ferré (1845-1871), Blanquist, zum Tode verurteilt und hingerichtet, Abschiedsbrief an Louise Michel

Barrikade an der Rue Belleville. Sie sperrte den Weg in den gleichnamigen Arbeiterbezirk und war eine von 900 Barrikaden. [1]

Massenhinrichtungen im Hof der Kaserne Lobau. [2]

Am 21. Mai drangen die Regierungstruppen durch das unbewachte westliche Stadttor Saint-Cloud in Paris ein. Nur noch 20.000 Kommunard*innen standen nun 120.000 Regierungssoldaten gegenüber. Je weiter die Regierungstruppen in den proletarischen Ostteil von Paris vorrückten, desto bestialischer mordeten sie. In der sogenannten Blutigen Woche wurden 20-30.000 Männer, Frauen, Alte, Kinder und Verwundete ihre Opfer. Die nächste Revolution sollte aufgeschoben werden, indem „der kampffähige Teil der Bevölkerung getötet wird“, so der bürgerliche Journalist Edmond de Goncourt ganz unverblümt.

250 Gebäude wurden in dieser Woche in Paris zerstört. Teils durch die Bomben der Regierungstruppen, teils von Kommunard*-innen selbst angezündet, um die Truppen aufzuhalten. Am 27. Mai wurden 147 Kommunard*innen auf dem Friedhof Père-Lachaise hingerichtet, heute der jährliche Gedenkort für die Kommune. Am 28. Mai fiel die letzte Barrikade. Viele Kommunard*innen wurden von solidarischen Menschen versteckt, 4-6.000 gelang die Flucht ins Exil.

Es folgten Hausdurchsuchungen, Denunziationen (400.000 in 3 Wochen, 80 % anonym) und Verhaftungen. Die 40.000 Verhafteten wurden misshandelt und viele starben an Entkräftung und Krankheiten. Die bürgerliche Presse rechtfertigte die Massaker indem sie die Kommunard*innen als Diebe, Brandstifter*innen und Alkoholiker*innen diffamierte. 24 Kriegsgerichte, bar jeder Rechtsstaatlichkeit, verurteilten die Angeklagten zu Tod, Gefängnis oder Deportation. Die Internationale Arbeiterassoziation wurde als „Rädelsführerin“ verboten. 1880 gab es eine Amnestie, die Exilanten und Deportieren konnten zurückkehren. Vielen wurde ein triumphaler Empfang bereitet. Erst 2016, nach 145 Jahren, wurden die Kommunard*innen rehabilitiert. Die Angst der Herrschenden vor den Befreiungsversuchen des Proletariats hält bis heute an oder wie der britische Historiker Eric Hobsbawm schrieb:

… ließ sie (die Pariser Kommune) den Herrschenden allein durch ihre Existenz das Blut in den Adern gefrieren.

Regierungssoldaten kontrollieren die Hände Gefangener. Wessen Hände durch Pulver geschwärzt waren, wurde standrechtlich erschossen. [3]

Ernest Eugène Appert (1831-1890) lieferte der Polizei Fotografien, um Kommunard*innen zu identifizieren und machte Fotos von Gefangenen. Diese benutzte er für Fotomontagen zur Diskreditierung der Kommune wie auf dieser nachgestellten Szene einer Geiselerschießung. Obwohl Mitglieder des Rates der Kommune versuchten, dies zu verhindern, erschossen Kommunard*innen während der Blutigen Woche etwa 100 Geiseln. Dies war so sinnlos wie verständlich angesichts der Wut über die Massaker der Regierung. Prosper Lissagaray schrieb hierzu: „Die blinde Gerechtigkeit der Revolution bestraft an dem ersten Besten die von seiner Kaste aufgehäuften Verbrechen.“ [4]

Marie: Laurent! Papa und Matthis wurden verhaftet. Man hat sie mit den anderen Gefangenen nach Versailles gebracht. Ich habe solche Angst!
Laurent: Beruhige dich, Marie! Und sag dir immer: Gefangen genommen heißt noch nicht tot. Du wirst sehen, sie kommen wieder.
Marie: Sie müssen doch auch wieder nach Hause zurück. Man kann doch nicht für etwas bestraft werden, was für uns alle besser ist!
Laurent: Ich verstehe dich, aber wir müssen jetzt tapfer sein. Was meinst Du, was würde sich Matthis jetzt von dir wünschen?
Marie: Dass ich den Mut nicht verliere und weitermache.