Teure und strahlende Helden, je unbekannter eure Namen, desto tränenfeuchter das Auge, das euch begeistert betrachtet!
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Die Mitglieder des Rates der Kommune sind zumindest Interessierten bekannt. Sowohl ihre Namen wie auch ihre Biografien. Dasselbe gilt für die Journalist*innen, Herausgeber*innen von Zeitungen und Karikaturisten.
Wer aber waren die 200.000 bei der Ausrufung der Kommune am 28. März auf dem Rathausplatz von Paris? „Alle diese Menschen, die nur eine Seele und einen Schrei haben: Es lebe die Kommune!“ wie Catulle Mendès, ein Gegner der Kommune, schreibt. Wer waren diese Menschen, die die Kommune mit Leben füllten und nicht selten mit demselben bezahlten? Wer die 300.000 bewaffneten Nationalgardisten? Die Tausenden in den Versammlungen der Roten Clubs und der Widerstandskomitees in den Bezirken? Die Kinder und Jugendlichen, die eigene Barrikaden gegen die konterrevolutionäre Armee verteidigten? Die 20.000, die von den Herrschenden massakriert wurden?
Von den 36.309 Angeklagten sind Namen, Geburtsdaten und Wohnort aus den Polizeiakten bekannt. Von einigen auch Biografien und Fotografien. Einige wenige wollen wir hier dem Vergessen entreißen.
Kommunard*innen und Angehörige beim Abendessen im Innenhof des Justizministeriums. [1]
Elisabeth Rétiffe (1834-1882)
Arbeitete als Kartonagenmacherin und beteiligte sich als Sanitäterin am Aufstand der Kommune. Sie kam ins Gefängnis Chantiers de Versailles wegen Tragens einer Waffe auf einer Demonstration und wurde nach Cayenne deportiert, wo sie starb. [2]
Pierre Bourgeois (1848-1871)
Holzschuhmacher, mit 18 Jahren Eintritt in die Armee. Bei einem Einsatz gegen Streikende in Le Creusot verweigerte er den Befehl. Deswegen zu Gefängnis und Degradierung verurteilt. Als sein Regiment gegen die Kommune eingesetzt wurde, desertierte er und trat in die Nationalgarde ein, zum Unteroffizier gewählt. Nach der Blutigen Woche verhaftet, als Deserteur zusammen mit Théophile Ferré und Louis Rossel hingerichtet. [3]
Eulalie Papavoine (1846-1875)
Schneiderin, nahm während des Aufstandes aktiv am Barrikadenkampf teil und versorgte als Sanitäterin auch Verletzte. Angeklagt wurde sie wegen Beteiligung am Aufstand sowie Plünderung und Brandstiftung. Sie bestritt einen Teil der Vorwürfe, und erklärte, sie habe nur eine Ambulanz organisiert. Sie wurde ins Gefängnis nach Neukaledonien geschickt und ihre bürgerlichen Rechte aberkannt. [4]
Jules Bernaert
Geboren 1840, Weber. Diente als Kanonier im 22. Infanterieregiment. Während der Kommune als „Kommandant der Flotte“ und „Kapitän eines Kanonenbootes“ bekannt. Zur Deportation nach Neukaledonien verurteilt, später amnestiert. [5]
Marie Wolff
Geboren 1849 in Bar-le-Duc (Meuse), Lumpensammlerin in Paris. In den Tagen der Kommune war sie Sanitäterin und transportierte Waffen. Berichten zufolge wurde sie gesehen, wie sie unter einer roten Fahne für die Befreiung von Gefangenen demonstrierte. 1872 zum Tode verurteilt wegen des Baus von Barrikaden und Verschwörung zum Mord. Das Urteil wurde später umgewandelt in eine Gefängnisstrafe. [6]
Benoît Bloquel
Geboren 1826 in Paris, Dachdecker, verheiratet, zwei Kinder. Gefängnisstrafe wegen Beleidigung und Diebstahl. Während der Kommune Nationalgardist des 159. Bataillons, am 23. Mai 1871 im Rathaus in der Rue Drouot (9. Arrondissement) gefangen genommen. Zur Deportation verurteilt. [7]
Luise Boutinck
Wurde im Januar 1872 zur Deportation nach Neukaledonien verurteilt. Sie hatte zwei Töchter, die bei ihrer Rückkehr im November 1881 inzwischen erwachsen waren. Sie starb vier Jahre später. [8]
Jean Bareletti
Geboren 1842 in Domodossola (Italien), Ofensetzer, ledig. Nationalgardist im 106. Bataillon, Teilnahme an zahlreichen Kämpfen. Zur Deportation nach Neukaledonien verurteilt. 1878 Straferlass wegen guter Führung und Rückkehr nach Frankreich. [9]
François David
Geboren 1835, Maurer, verheiratet, zwei Kinder. Mitglied der Internationalen Arbeiterassoziation und der Bezirks-Kommission, die die Guillotine verbrannte. Präsident des Klubs Le Proletaire in der Kirche Saint-Ambroise. In Abwesenheit zum Tod, dann zur Deportation nach Neukaledonien verurteilt, 1879 amnestiert. [10]
Lise Pauline Séret
Geboren 1825, Wäscherin. Im Juni 1871 verhaftet wegen Beteiligung an einem Attentat und einer Geiselnahme. Nach wenigen Tagen wurde sie entlassen, im Juli jedoch erneut verhaftet und zur Zwangsarbeit verurteilt. [11]
Charles Carme (1853-1871)
Arbeitete als Schlosser, Kommunarde. Als er auf seinen Prozess wartete starb er in Haft im Hafen von Brest an Bord des Pontons (Gefängnisschiffes) La Renommée. [12]
Enfants perdus – die verlorenen Kinder der Kommune
…sehen wir die letzte Gruppe von Verteidigern der Barrikade fliehen, vier oder fünf vierzehnjährige Jungen…
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2.000 bis 3.000 Jungen, von Mädchen ist nichts bekannt, beteiligten sich an den Kämpfen der Kommune. Andere Schätzungen gehen sogar von Zehntausenden aus, die auf die eine oder andere Weise teilnahmen. Bereits im Belagerungswinter 1870/71 jagten Kinder und Jugendliche Hunde und Katzen, die sie an Metzger verkauften, andere schmuggelten Tabak.
Drei Bataillone der Nationalgarde bestanden zu 80 % aus Jugendlichen. Auch in vielen anderen Bataillonen kämpften Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren, manche auch jünger. Gründe waren die wirtschaftliche Not, familiäre Bindungen, aber auch die Politisierung vor und während der Kommune. Sie haben an der Verteidigung von etwa fünfzehn Barrikaden teilgenommen, eine wurde nur von Jugendlichen verteidigt. 651 Kinder und Jugendliche wurden verhaftet. Wie viele getötet wurden, ist nicht bekannt, aber die Regierung kannte auch bei Kindern keine Gnade.
Marie: Ich würde auch gern eine Heldin sein und an den Barrikaden kämpfen aber Mama sagt, ich sei zu jung dafür. Hast du von Léon Drouet gehört? Der ist auch erst 11 Jahre alt und hat sich bei der 6. Kompanie gemeldet.
Laurent: Ja, und auch ihm haben sie gesagt, er sei viel zu jung.
Marie: Aber zum Trost hat er eine Uniform der Nationalgarde bekommen. Und was mache ich? Ich renne den ganzen Tag nur herum.
Laurent: Marie, hör mir gut zu: Du überbringst Botschaften von einer Straßenbarrikade zur anderen. Jede Aufgabe zählt gleichviel für die Kommune. Niemand ist hier besser oder schlechter. Informationen sind genauso wichtig wie Kanonen.
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